(Foto: Gerhard Remppis beim Eintrag in das „Goldene Buch“ der Stadt Plochingen)
In würdigem Rahmen erfolgte am 28.06.2018 - umrahmt von den Klängen der Stadtkapelle Plochingen in der Stadthalle - die feierliche Verabschiedung von acht ausscheidenden Stadträtinnen/räten, zu der auch die Öffentlichkeit eingeladen war. Bürgermeister Frank Buß würdigte in seiner Ansprache deren Verdienste für die Stadt Plochingen, wobei er in besonderer Weise auch auf die über 51-jährige, nunmehr endende Stadtratstätigkeit unseres seitherigen SPD-Fraktionsvorsitzenden Gerhard Remppis einging. Von den ebenfalls ausscheidenden Stadtratskolleginnen/-kollegen gebeten, erwiderte dieser in einer sehr bemerkenswerten Rede die Dankesworte von BM Buß. Er erinnerte an den Grundsatz und Leitbild unseres Grundgesetzes "die Würde des Menschen ist unantastbar", den er mit der Feststellung verband: "der Staat ist um des Menschen willen da, nicht der Mensch um des Staates willen". Wichtig war ihm auch der Hinweis auf den "Gedanken der wehrhaften Demokratie", der bedeute, dass man jenen Kräften entgegentritt, die beispielsweise mit dröhnendem Nationalismus die autoritären Staatsstrukturen vertreten. Bei dieser wehrhaften Demokratie spiele die kommunale Selbstverwaltung, also die Ebene der Gemeinden und Kreise nicht etwa als Kellergeschoss, sondern vielmehr als Fundament unserer Demokratie eine wichtige Rolle. Diese sollte nicht nur eine Schule der Demokratie sein, sondern auch eine weitere Gewaltenteilung garantieren. Viele Probleme und Herausforderungen der sogenannten großen Politik werden auf kommunaler Ebene sehr konkret, das reiche von der Einrichtung von Bildungseinrichtungen über die Wohnraumbeschaffung, die interkommunale Zusammenarbeit bis hin zu Fragen der Migration. Die kommunale Demokratie lebt vom Mitmachen, nicht allein vom Kritisieren und Besserwissen, deshalb – so Remppis – kann man nur viele junge Menschen ermuntern, das politische Handwerk auf kommunaler Ebene zu beginnen. Er rief weiter zur Stärkung des Ehrenamtes auf und erinnerte daran, dass die heutige Bundesrepublik Deutschland deshalb so erfolgreich sei, weil es ihr gelungen ist, persönliche und politische Freiheit mit sozialer Gerechtigkeit zu verbinden. Nicht übersehen werden dürfen auch heute noch bestehende Mängel und Ungerechtigkeiten. Ein demokratischer Staat wie die Bundesrepublik Deutschland wird auch daran gemessen, wie er mit seinen Schwächsten umgeht, daher so Remppis „verlieren wir also den Blick nicht für jene, die nicht auf der Sonnenseite stehen". Mit dem Appell „Lassen Sie uns gemeinsam auf allen politischen Ebenen diese Herausforderung annehmen, dann wird es weiter eine gute Zukunft“ schloss Gerhard Remppis seine mit langanhaltendem Beifall bedachte Rede. Peter Raviol
(Bericht der SPD-Fraktion für die "Plochinger Nachrichten" in KW 27/2019)
Die Rede von Gerhard Remppis können Sie unter "weiterlesen" nachlesen:
Rede Gerhard Remppis anlässlich der feierlichen Verabschiedung der ausscheidenden Stadträte am Freitag, 28. Juni 2019 um 19 Uhr in der Stadthalle Plochingen
- Es gilt das gesprochene Wort -
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Buß, lieber Frank,
liebe Plochinger Bürgerinnen und Bürger,
meine Damen und Herren,
gerne habe ich der Bitte entsprochen, für die ausscheidenden Kolleginnen und Kollegen
Herr Thomas Euchenhofer
Frau Maron Gronau
Frau Dr. Ilka Lenke
Herr Karel Markoc
Herr Thomas Pressel
Herr Dr. Hans-Ulrich Rauchfuß
Herr Rainer Theobald
einige Worte zu dieser Verabschiedung zu sagen. Ich hoffe, dieser Aufgabe in fünf Minuten gerecht zu werden.
Als unser Grundgesetz 1949 mit alliierter Genehmigung verabschiedet wurde, war nach 12 Jahren Naziherrschaft, die uns in der Welt politisch, wirtschaftlich und vor allem moralisch zum Außenseiter gemacht hatte, noch nicht sicher, dass damit eine Erfolgsgeschichte eingeleitet wurde. Vor allem durch den Grundsatz und dem Leitbild dieses Grundgesetzes: "Die Würde des Menschen ist unantastbar" entwickelte sich dann der nahezu revolutionäre Satz: „Der Staat ist um des Menschen willen da, nicht der Mensch um des Staates Willen.“
Dieser Satz wurde dann damals gestrichen – doch wenn heute eine Volksabstimmung stattfinden würde, hätte er sehr wahrscheinlich eine Chance, zum Motto unserer Republik zu werden – wie dieser Tage ein Journalist der Stuttgarter Zeitung geschrieben hat.
Ein zweiter wichtiger Gedanke war der Gedanke der wehrhaften Demokratie, das heißt, dass man jenen Kräften entgegentritt, die z.B. mit dröhnendem Nationalismus die autoritären Staatsstrukturen vertreten.
Bei dieser wehrhaften Demokratie spielt die kommunale Selbstverwaltung – also die Ebene der Kreise und Gemeinden eine wichtige Rolle, denn sie sollte nicht nur eine Schule der Demokratie sein, sondern auch eine weitere Gewaltenteilung garantieren. Im Übrigen werden viele Probleme und Herausforderungen der sogenannten großen Politik auf kommunaler Ebene sehr konkret, das reicht von der Einrichtung von Bildungseinrichtungen über die Wohnraumbeschaffung, die interkommunale Zusammenarbeit bis hin zu Fragen der Migration.
Aber auch gerade die kommunale Demokratie lebt vom Mitmachen. Leider sieht die politische Wirklichkeit anders aus: viele reklamieren staatliche Leistungen, als stünden sie an einer Supermarktkasse. Mehr denn je sollte man sich an den legendären Satz von US-Präsident John F. Kennedy erinnern: "Ask not what your country can do for you – ask what you can do for your country".
Ich bereue es bis heute nicht, dass ich mit 27 Jahren, das war damals für eine Mehrheit außergewöhnlich (als "junger Spritzer" wenig ernst genommen) wählbar war. Heute wäre das zu Recht durchaus normal.
Für mich war dies auch eine Schule des Lebens, so z.B. die Auseinandersetzung mit anderen Meinungen, die Kompliziertheit mancher sogenannter Sachfragen oder die Fähigkeiten zum Kompromiss. Deshalb kann man nur viele junge Menschen ermuntern, das politische Handwerk auf kommunaler Ebene zu beginnen. Der heute scheinbar gängige Slogan "Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal", mit dem Politikern Weltfremdheit und Unverständnis für die Probleme der Menschen vorgeworfen wird, führt aber weg von der Lebenswirklichkeit. Dieser Tatsache bin ich auch in meiner Zeit als Landtagsabgeordneter begegnet. Kolleginnen und Kollegen mit kommunaler Erfahrung waren meist erfolgreich, weil sie Landespolitik mit Kommunalpolitik verbinden konnten.
Heute scheinen manche zu glauben, wenn sie am Lautesten schreien und die unsinnigsten Forderungen stellen, werden sie gehört und seien erfolgreich. Kurzfristig bringt das Erfolge, langfristig wäre das für die Entwicklung einer Kommune verhängnisvoll.
Dennoch möchte ich den jungen Menschen Mut machen, sich zu engagieren, denn – noch einmal – auch die kommunale Demokratie lebt vom Mitmachen, nicht allein vom Kritisieren und Besserwissen. Stärken wir vielmehr jene Kräfte, die als Ehrenamtliche z.B. in der kirchlichen Sozialarbeit oder in vielen sporttreibenden Vereinen, in Musikvereinen oder bei Nachbarschaftshilfen das Miteinander und nicht das Neben- oder Gegeneinander unterstützen. Ich zähle auch die Mitarbeit in der kommunalen Selbstverwaltung dazu.
Es ist sehr erfreulich, dass viele junge Leute das auch so sehen und sich engagieren, denn unser erster demokratisch-republikanischer Staat, nämlich die Weimarer Republik, ist letztlich nicht am Versailler Diktatfrieden gescheitert, sondern weil die damaligen nationalen Eliten in einem autoritär geführten Staat die Zukunft sahen. Hindenburg gehörte leider dazu. Dass er dann im Januar 1933 einen der größten politischen Verbrecher neben Stalin und Mao, nämlich Adolf Hitler zum Kanzler machte, war nur die logische Konsequenz seines politischen Denkens.
Die heutige Bundesrepublik Deutschland ist auch deshalb so erfolgreich – wirtschaftlich ist sie die viertstärkste Nation – weil es ihr gelungen ist, persönliche und politische Freiheit mit sozialer Gerechtigkeit zu verbinden. Sicher dürfen wir auch heute Mängel und Ungerechtigkeiten nicht übersehen (Beispiele: der junge Polizist, der in Großstädten wie Stuttgart oder München den Schutz der Bevölkerung garantieren muss, sich aber dort keine Wohnung leisten kann oder das Rentnerehepaar, das nach 40 Arbeitsjahren – häufig bei Subunternehmen im sogenannten Niedriglohnsektor – finanziell gerade so über die Runden kommt).
Ein demokratischer Staat, das ist die Bundesrepublik Deutschland zweifelsohne, wird auch daran gemessen, wie er mit seinen Schwächsten umgeht. Verlieren wir also den Blick nicht für jene, die nicht auf der Sonnenseite stehen. Sich als demokratischer Staat diesen Herausforderungen zu stellen, garantiert letztlich seine Zukunft, denn Gemeinderäte und Kreistage sind nicht das Kellergeschoss, sondern das Fundament unserer Demokratie.
Lassen Sie uns zusammen auf allen politischen Ebenen diese Herausforderung annehmen, dann wird es weiter eine gute Zukunft.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit!